Budgetspritzen und erhöhte Zahlungen. Deutschlands Gesundheitsminister zeigte, wie das enorme Defizit des Systems abgebaut werden kann

Die deutsche gesetzliche Krankenversicherung verzeichnete im vergangenen Jahr das größte wirtschaftliche Defizit ihrer Geschichte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun einen Plan vorgelegt, mit dem er die Lücke im System schließen will. In Fach- und Lobbykreisen erntete er jedoch viel Kritik, berichtet das Deutsche Fachblatt. Deutsches Ärzteblatt.

Nach monatelangem Warten auf einen konkreten Sparplan ist das deutsche Gesundheitssystem endlich angekommen. Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) stellte es schließlich vor. Er begründete das lange Warten auf zähe Verhandlungen mit seinem Regierungskollegen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und auf die Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nicht nur in Deutschland.

„Wir haben lange und hart verhandelt, und ich denke, es ist ein guter Kompromiss geworden“, erklärte Lauterbach. Er schätzt, dass mindestens 17 Milliarden Euro (etwa 420 Milliarden Kronen) im System eingespart werden müssen. Lauterbach betonte Lindner, dass der Staat keine Steuern erhöhe und keine zusätzlichen Haushaltseinnahmen schaffe, um die gesetzliche Krankenversicherung ständig zu sanieren. „Diese Ziele teile ich“, bestätigte Lauterbach.

Wo sind 17 Milliarden Euro zu finden

Daher sei es seiner Meinung nach notwendig, sich vor allem auf die Einnahmenseite der gesetzlichen Krankenversicherung zu konzentrieren. Der stufenweise Finanzanpassungsplan des Systems sieht drei Maßnahmen vor: eine Erhöhung des Zuschusses aus dem Bundeshaushalt in Höhe von zwei Milliarden Euro, die Bereitstellung eines Darlehens aus dem Bundeshaushalt in Höhe von einer Milliarde Euro und eine Erhöhung des Zusatzbeitrags an die Krankenversicherung in Höhe von 0,3 Prozentpunkten. Die Erhöhung des Zusatzbeitrags könnte bis zu fünf Milliarden Euro betragen.

Aber das ist noch nicht alles. Knapp über sechs Milliarden Euro ließen sich durch eine Minimierung der Finanzierungsreserven der gesetzlichen Krankenversicherung erzielen. „Wenn wir die Vorteile aller Maßnahmen zusammenzählen, kommen wir auf etwas mehr als 14 Milliarden Euro“, rechnet Karl Lauterbach vor.

Die verbleibenden drei Milliarden Euro könnten seiner Meinung nach durch eine effizientere Gesundheitsversorgung eingespart werden. Lauterbach soll die Pharmaindustrie eine Milliarde Euro als einheitlichen Solidaritätszuschlag in das System einbringen. Im Grunde wäre es eine Art Sektorsteuer, denn das Bundesgesundheitsministerium begründete diese Zahlung mit dem außerordentlichen Wachstum der Arzneimittelumsätze in den letzten zwei Jahren.

Gleichzeitig versicherte der Bundesgesundheitsminister, dass der geplante Sparplan die medizinische Versorgung in keiner Weise beeinträchtigen werde. Karl Lauterbach hat nicht einmal vor, Zahlungen an Ärzte oder Krankenhäuser zu kürzen. Dafür sei aber kein Platz, so Lauterbach, es werde „kleine Anpassungen“ geben.

Ein kleiner Betrug an Hausärzte

Der vorgelegte Plan hat jedoch bereits von verschiedenen Seiten ziemlich scharfe Kritik provoziert. So habe etwa die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) „Verärgerung und Besorgnis“ geäußert, schreibt das Deutsche Ärzteblatt.

Vor allem der KBV missfallen die eben skizzierten „kleinen Anpassungen“ bei den Ärztevergütungen. Die Ärzte verlieren laut Verband einen Teil ihres Geldes, weil Karl Lauterbach einige Zahlungen entschädigungslos streichen will. Der Bundesgesundheitsminister verteidigt sich jedoch damit, dass er nur die doppelten Zahlungen stornieren wolle.

„Es darf nicht passieren, dass Ärzte am Ende für ihren enormen Einsatz bei der Aufnahme neuer Patienten bestraft werden“, sagte KBV-Geschäftsführer Andreas Gassen. Ihm zufolge kann sich dies auch auf die Verringerung der Verfügbarkeit medizinischer Grundversorgung für Patienten auswirken.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, ist überzeugt, dass das System erheblich entlastet würde, wenn der Staat einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel und medizinische Präparate einführen würde. „Es wäre sinnvoll, weil es die Krankenkassen entlasten würde“, sagte er der Zeitung. Deutsches Ärzteblatt.

Grüne: Viele Fragen bleiben

Reinhardt missfällt auch, dass der Gesundheitsminister einerseits sagt, er wolle die öffentliche Gesundheitsversorgung nicht kürzen, plane aber gleichzeitig, die Zahlungen an Hausärzte zu kürzen. Der Präsident der Bundesärztekammer nannte es sogar einen kleinen Betrug.

Allerdings kam Lauterbachs Plan bei keinem seiner Regierungskoalitionspartner gut an. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sagte, die vorgestellten Punkte hätten „viele offene Fragen“ und forderten „Diskussionsbedarf“. Ihrer Meinung nach liefert Lauterbachs Plan nicht genügend Antworten, wie die finanziellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung gelöst werden können. Doch Klein-Schmeinková räumt ein, dass es sich dabei hauptsächlich um Probleme der Vorgängerregierung handelt.

Peter Musil

Eckehard Steinmann

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