Deutschland bereit, mit den Niederlanden zu konkurrieren? Die künftige Regierungskoalition will Cannabis legalisieren, ein Schritt, der dem Staat wahrscheinlich Milliarden Euro einbringen wird, aber bei Drogenabhängigen und Polizeigewerkschaften Besorgnis aufkommen lässt.
Diese Liberalisierung, die Deutschland nach den Niederlanden zum zweiten Land in der Europäischen Union machen würde, das den Weg des überwachten Vertriebs wählt, ist eine der emblematischen Maßnahmen des am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrags der drei Parteien, die Angela Merkel in die kommenden Wochen.
Das Zukunftsteam um den Sozialdemokraten Olaf Scholz will „die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zum Verzehr in autorisierten Geschäften“ genehmigen“, schreibt der Vertrag zwischen SPD (Sozialdemokraten), Grünen und FDP (Liberalen) vor.
Diese Mini-Revolution „wird eine Qualitätskontrolle ermöglichen, den Verkehr von kontaminierten Stoffen verhindern und die Jugend schützen“, argumentiert die Koalition und versichert, dass das zukünftige Gesetz innerhalb von vier Jahren neu bewertet wird.
Deutschland hat bereits weniger restriktive Gesetze als viele seiner europäischen Nachbarn, mit der Möglichkeit in einigen Städten wie Berlin, ein paar Gramm für den Eigenverbrauch zu speichern.
Auch die Verwendung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken wurde 2017 zugelassen.
Die Legalisierung von Marihuana ist eine Forderung der Grünen und Liberalen, wobei die SPD traditionell zurückhaltender ist und Experimente befürwortet.
Auch wenn die zukünftigen Verkaufsstellen (Tabak, „Coffeeshops“ oder Apotheken, wie vom Apothekerverband vorgeschlagen) noch nicht definiert sind, ist der Standort insbesondere aus Gründen der öffentlichen Gesundheit auf einem guten Weg, argumentieren die drei -Partei.
Cannabis, das auf der Straße verkauft wird, wird tatsächlich oft mit anderen Substanzen wie Haarspray, Sand oder sogar Brix geschnitten, einem synthetischen Klebstoff, der das Gewicht des Grases künstlich aufblähen soll.
2018 ließ das Berliner Magazin Zitty Cannabis an den wichtigsten Verkaufsstellen in der Hauptstadt analysieren und hatte das besorgniserregende Ergebnis, dass acht von neun mit anderen Substanzen geschnitten wurden.
Die Gesundheitsbehörden sind auch alarmiert über die Verbreitung neuer synthetischer Cannabinoide mit einem sehr hohen THC-Gehalt, die insbesondere für die sehr jungen Menschen ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Die Deutsche Universität Ulm beobachtete 2019 fast achtmal mehr Fälle von Cannabis-assoziierten Psychosen als 2011 und stellte fest, dass der THC-Gehalt des in Deutschland konsumierten Cannabis im gleichen Zeitraum deutlich gestiegen war.
Die Legalisierung würde es somit ermöglichen, die Zusammensetzung des konsumierten Produkts genau zu überwachen.
Over-the-counter-Cannabis könnte auch ein Glücksfall für die Staatskassen darstellen und zu „grünem Gold“ werden, wie in Kanada oder den US-Bundesstaaten, die den Freizeitkonsum von Hanf erlauben.
Eine aktuelle Studie eines Teams der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf schätzt die öffentlichen Einnahmen aus der Cannabis-Legalisierung auf rund 4,7 Milliarden Euro.
Eine Steuer auf Cannabis, die mit Steuern auf Tabak oder Alkohol identisch ist, würde jedes Jahr 1,8 Milliarden US-Dollar einbringen.
Auch in Strafverfahren gegen Verbraucher und Kleinunternehmen könnten laut dieser Studie rund eine Milliarde Euro eingespart werden, die die Zahl der durch die Legalisierung geschaffenen Arbeitsplätze auf rund 27.000 schätzt.
Das Cannabisverbot kostet den Steuerzahler jedes Jahr Geld, „ohne positive Auswirkungen zu haben“, sagt Georg Wurth, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Cannabisverbandes.
Doch die Legalisierung hält viele Gegner in Deutschland zurück.
Stephan Pilsinger, CDU-Sprecher im Kampf gegen Drogen, wirft der Koalition ein „Experiment zur Gesundheit unserer Gesellschaft und unserer Jugend“ vor.
„Muss der Staat wirklich Geld verdienen, indem er seine Bürger in die Gefahr von Sucht, Dauerpsychosen, körperlichen und seelischen Leiden stürzt?“ Ich halte das für unmoralisch“, prangert er AFP an.
Polizeigewerkschaften befürchten eine „Verharmlosung des Cannabiskonsums“.
Suchtkranke warnen sie vor möglichen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kleinsten und das Krebsrisiko.
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