Freundschaft zwischen Charme und Ärger

Das Blatt der Geschichte wendet sich mit dem Rücktritt von Angela Merkel in Deutschland. Nach sechzehn Jahren an der Macht und dem Treffen mit vier verschiedenen französischen Präsidenten: Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy, François Hollande, Emmanuel Macron.

Nach den Wahlen am 26. September wird sich im Kanzleramt ein neues Gesicht niederlassen, möglicherweise von der Koalitionsregierung.

Die Wahl der ersten europäischen Wirtschaftsmacht wird vom ganzen Kontinent beobachtet. Gerade in Frankreich ein toller Partner.

Aus deutscher Sicht ist diese Partnerschaft wichtig, weil sie rational ist. Doch der Blick auf Frankreich ist kompliziert, eine Mischung aus Charme und Ärger, mal Zugeständnissen, oft Freundschaften.

Analyse der fünf Hauptpunkte : Geographie, Geschichte, Recht, Wirtschaft und Psychologie und Soziologie.

Geographie

Deutschland versteht sich sowohl als Herz Europas als auch als natürlicher Partner Frankreichs.

Mit 357.000 km2 im Zentrum der Europäischen Union hat Deutschland eine 3.600 km lange Landgrenze zu 9 Ländern.

Mit 83 Millionen Einwohnern ist es mit Frankreich, seinen 67 Millionen westlichen Nachbarn, das bevölkerungsreichste Land Europas.

Die beiden Länder haben nur eine Gesamtgrenze von 450 km (Deutschland hat mehr mit Österreich oder Tschechien), ist aber die wichtigste Wirtschaftsachse. Mit dem Rhein als natürliche Grenze.

Und es gibt sehr enge Verbindungen zwischen den Regionen Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einerseits und den lothringischen Regionen des Elsass andererseits.

Einige Städte liegen in unmittelbarer Nähe: Straßburg mit seiner Brücke nach Europa, die nach Deutschland führt und die auch geschlossen wurde, was während der ersten Inhaftierung äußerst selten vorkommt. Oder Karlsruhe, 20 Kilometer von Frankreich entfernt.

Die Geschichte

Beide Länder haben eine verdrehte, eng miteinander verbundene Geschichte, manchmal zum Schlechten und auch zum Besseren.

Die antike Geschichte ist weit verbreitet: Es war Karl der Große Karolinger vor seinem Zerfall im 9. Jahrhundert.

Dann war es Zeit für Rivalität und Kriege. Rivalität zwischen Monarchen, Bourbonen und Habsburgern. Dann die Eroberungspolitik: die Politik der Revolutionäre und dann Napoleons von Frankreich, die Politik Deutschlands, die Kriege von 1870, dann die beiden Weltkriege. Insbesondere natürlich die Nazizeit und die Verwahrung des größten Teils Frankreichs.

Seit siebzig Jahren ist Konvergenz bedeutend. Vor allem im Namen des Friedens. Um einen neuen Konflikt in Europa zu vermeiden. Dann mit dem gemeinsamen Wunsch, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum in Europa zu schaffen.

Das deutsch-französische „Paar“ wird in mehreren Tandems verkörpert: Adenauer / De Golls, Schmidt / Giscard d’Estaing, Col / Mitterrand.

Dann war das persönliche Verhältnis zwischen den Führern vielleicht nicht so stark: Schröder und Merkel einerseits, Chirac-Sarkozy-Holland-Macron andererseits.

Aber die Beziehung ist lang und stabil. Es ist ein deutsch-französischer Motor, ein „Schatz“, wie er Nicolas Sarkozy formuliert. Und diese treibende Kraft hat sich weiterentwickelt: Angela Merkel hat sich mit Emmanuel Macron zusammengetan, um den 500-Milliarden-Publikumsfonds für die am stärksten betroffenen Länder Europas zu verteidigen. Ende der Tabus für Deutschland.

Rechte Seite

Diese Freundschaft drückt sich in juristischen Begriffen aus.

Da ist zunächst das Plädoyer: der Vertrag von Elysees, der 1963 von de Golls und Adenauer unterzeichnet wurde. Es legt die Grundsätze der Zusammenarbeit in fast allen Bereichen fest, Verteidigung, Diplomatie und Bildung.

Im Jahr 2003, zu seinem 40-jährigen Bestehen, wurde es mit der Einsetzung des französischen und des deutschen Ministerrats erneuert. Sie finden zweimal im Jahr in jedem Land der Reihe nach statt.

Das bis vor kurzem von Angela Merkel und Emanuel Macron 2019 unterzeichnete Exla-Chapelle-Abkommen stärkt die Zusammenarbeit der beiden Hauptstädte in den Bereichen Diplomatie, Verteidigung, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur weiter.

Zu den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften zählen folgende Großprojekte für allgemeine militärische Ausrüstung: das Flugzeug der Zukunft, das hauptsächlich von Frankreich pilotiert wird. Und der Panzer der Zukunft, pilotiert von Deutschland, aber er hinkt hinterher.

Wirtschaft

Dies ist der zentrale Parameter der Beziehung, aber er ist unausgewogen.

Deutschland sieht in dieser Hinsicht zwar auf Frankreich als Partner, aber mit Überlegenheitsgefühl. Es ist ein berechtigtes Gefühl: Die vierte Weltwirtschaftsmacht, Europa 1, zeigt bemerkenswerte wirtschaftliche Erfolge. Hoher Handelsüberschuss, eine Arbeitslosenquote von rund 6 %, ein sehr gut organisiertes KMU-Netzwerk (Mitelstand) und die Fähigkeit zum sozialen Dialog, der oft Konflikte vermeidet.

Folge: Frankreich ist wirtschaftlich stärker von Deutschland abhängig als Deutschland von Frankreich. Deutschland ist unser größter Handelspartner: 1. Kunde, 1. Lieferant.

Frankreich hingegen ist nur der viertgrößte Handelspartner Deutschlands. Und deutsche Unternehmen sind zunehmend in Frankreich ansässig. Mehr als 4.000 Unternehmen wurden gegründet. Übrigens gibt es mehr Deutsche, die Französisch sprechen als umgekehrt.

Schließlich der letzte wichtige wirtschaftliche Aspekt: ​​gemeinsame Projekte, gegenseitige Investitionen und Partnerschaften. Siemens Alstom, Opel PSA.

Und dann natürlich das ikonische Luft- und Raumfahrtunternehmen Airbus, das aus einer Gruppe großer französischer, deutscher und auch spanischer Hersteller hervorgeht.

Psychologie und Soziologie

Der deutsche Blick auf Frankreich hat mehrere Facetten: Pragmatismus, Freundschaft, Faszination und auch Missverständnisse.

Der Pragmatismus ist, dass Frankreich unverzichtbar ist. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen gilt als Partner der benachbarten Franzosen Nummer 1. Gegenseitiger Respekt ist ein Garant für Stabilität und Frieden. Diese rationale Kopfwahl wird nun mit einer emotionalen Dimension verbunden. Viele Deutsche kommen in den Ferien nach Frankreich (durchschnittlich 12 Millionen). Der Schul-, Kultur- und Sportaustausch hat zugenommen. Französische Fußballer, die nach Deutschland kamen (Lizarazu, Ribéry, Coman), sind an sich Faktoren der Annäherung. Und der Tod von Jean-Paul Belmondo machte Schlagzeilen in deutschen Zeitungen.

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Aber viele Deutsche sehen Frankreich auch als ein unruhiges, irrationales, überzentralisiertes Land, in dem die Leute zu spät zu Besprechungen kommen. Und wo wir überbordenden politischen Leidenschaften frönen, die eigentlich zu einem Mangel an Reformen führen.

Deutsche Wähler wählen gerne selbstbewusst. Die Franzosen wurden verführt.

Angela Merkel hatte Beziehungen zu ihren französischen Kollegen bei unterschiedlichen Temperaturen. Mit Nicolas Sarkozy, François Hollande am Start und auch mit Emmanuel Macron ist es manchmal schwer. Bei seiner Ankunft suchte er nach einer ehrgeizigen neuen Peitsche. Dann wurde es besser.

Und dann kommt Merkel aus der ehemaligen DDR, eine ehemalige gewählte Vertreterin von Mecklenburg-Vorpommern. Es unterhält gute Beziehungen zu Osteuropa. Es ist nicht nur Paris.

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Mit dem Ausscheiden Merkels wird eine neue Generation von Führungskräften an die Macht kommen. Doch egal, wer neuer Kanzler ist, der Sozialdemokrat Olaf Scholz, der Christdemokrat Armin Lasche oder die Umweltschützerin Annalen Berbock, alle scheinen die Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland aufrechterhalten zu wollen.

Auch wenn keiner von ihnen Französisch spricht, und selbst wenn es je nach Identität des einen oder anderen mehr oder weniger Integration in die Wirtschaft oder Verteidigung geben wird.

Deshalb muss sich Frankreich keine Sorgen machen. Auf der anderen Seite ist Deutschland bereits besorgt über den Ausgang der französischen Präsidentschaftswahlen und deren Auswirkungen auf die Beziehungen zu Berlin.

In Zusammenarbeit mit Eric Chaveru und Chad Romanos

Baldric Schreiber

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