Afghanistan: Größter Evakuierungseinsatz der Bundeswehr | Deutschland: Aktuelle deutsche Politik. DW-Nachrichten auf Polnisch | DW

Die Aktion, die größte ihrer Art in der Geschichte der Bundeswehr, beginnt am Montag, 16. August. Bundeswehrsoldaten werden mit der Evakuierung deutscher Staatsbürger und lokaler Kollaborateure aus Kabul beginnen.

Die Berliner Regierung überrascht

Transportflugzeuge der Luftwaffe werden nach Kabul geschickt. Die Rettungsaktion wird durch deutsche Luftlandetruppen sichergestellt.

Noch am selben Tag entstand nach Informationen aus Sicherheitskreisen der sogenannte Krisenstab (KuT), bestehend aus Experten verschiedener Ministerien. In Usbekistans Hauptstadt Taschkent soll das zweite KuT ein weiteres Rettungszentrum („Hub“) organisieren. Es ist die bisher größte Evakuierungsaktion der Bundeswehr.

Die heutigen islamistischen Taliban (15. August 2021) sind in die Vororte von Kabul eingedrungen. „Wir werden nicht Gefahr laufen, in die Hände der Taliban zu geraten“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas von der SPD in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“.

Rauch über der amerikanischen Botschaft in Kabul

Das rasante Tempo der Taliban-Offensive in Kabul hat die Berliner Regierung offenbar überrascht. Bereits am Donnerstag (12.08.2021) kündigte Heiko Maas an, dass Ende August gecharterte Passagierflugzeuge nach Kabul entsandt werden und deutsche Mitarbeiter in Afghanistan ins Land geholt werden. Doch die Geschwindigkeit, mit der die Taliban vor die Tore der Hauptstadt zogen, zwang die Bundesregierung zur Eile. Aus deutschen Regierungskreisen kam die Nachricht, dass am Sonntag „unter dem Druck der Ereignisse“ ein Plan zur Evakuierung von Deutschen aus Kabul vorbereitet werde. Die Tageszeitung „Bild“ berichtete, dass heute das erste Transportflugzeug der Bundeswehr nach Kabul abfliegt.

Evakuierungsplan

Der Evakuierungsplan sieht in Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans im benachbarten Afghanistan, die Errichtung einer Transferstation für Menschen vor, die von Militärtransportflugzeugen aus Kabul evakuiert werden. Sie fliegen mit gecharterten Passagierflugzeugen von Taschkent nach Deutschland.

Die Berliner Regierung machte keine Angaben zur Zahl der Menschen, die evakuiert werden sollen. Nach Informationen der Wochenzeitung „Der Spiegel“ sind noch etwa 20 Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul sowie Beamte der Bundespolizei dort geblieben. Außerdem müssen Mitarbeiter deutscher Entwicklungshilfeorganisationen und 80 weitere deutsche Staatsbürger, die sich noch in Afghanistan aufhalten, ins Land zurückkehren. Darüber hinaus beteiligen sich rund 300 Afghanen, die gemeinsam mit ihren Familien für Deutschland gearbeitet haben, an der Evakuierungsaktion. Nur Organisationen, die dem Entwicklungsministerium angegliedert sind, beschäftigen in Afghanistan derzeit mehr als 1.000 lokale Arbeitskräfte. Aber auch deutsche Medienmitarbeiter sind gefährdet.

Evakuierung aus Afghanistan

Taliban auf den Straßen der Stadt blockieren Fluchtweg

Für viele lokale Partner sind die Straßen nach Kabul, wo die Rettung wartet, bereits gesperrt. Die Taliban setzen ihre Offensive in rasantem Tempo fort und Regierungstruppen kapitulieren kampflos.

Die Evakuierung ist in erster Linie eine logistische Aufgabe: Personen auf der Liste müssen sich rechtzeitig treffen und identifizieren; notfalls auch in einer lebensfeindlichen Umgebung, in der die Straßen nicht mehr passierbar sind. Einen vergleichbaren Auftrag hatte die Bundeswehr bisher noch nicht.

„Höchste Priorität“

In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ betonte Minister Maas, der sichere Abzug deutscher Diplomaten aus Afghanistan habe für ihn „oberste Priorität“. Er fügte hinzu: „Wir sind auf jedes mögliche Ereignisszenario vorbereitet.“

Grundsätzlich bedarf jeder Einsatz der Bundeswehr im Ausland der Zustimmung des Bundestages. Nach der Innenordnung des Bundestages kann die Regierung sie in diesem Fall zu einem späteren Zeitpunkt besorgen, weil die Evakuierung der Deutschen aus Afghanistan in einer für sie gefährdeten Situation stattfand und die Ergreifung entsprechender Maßnahmen nicht geduldet wurde keiner. verzögern.

Möglich ist diese Evakuierungsaktion auch im Rahmen der Mission „Resolute Support“, deren Mandat aus dem Bundestag erst Ende Januar 2022 ausläuft Soldaten und Zivilpersonal sowie die Evakuierung von diplomatischem Personal ins Land.

Unerwartete Überprüfungen und Genehmigungen

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, eine FDP-Verteidigungsexpertin, kritisierte diese hastig improvisierte Evakuierung scharf. Er warf der Bundesregierung eine peinliche Verzögerung bei der Gewährleistung der Sicherheit des deutschen Personals in Afghanistan vor. Dies ist seiner Meinung nach ein „erbärmlicher Anblick“, bei dem menschliche Interessen vernachlässigt wurden.

„Wie konnte es möglich sein, die Menschen, die uns so sehr geholfen haben, kriminell zu verlassen?“, schrieb ein FDP-Politiker auf Twitter.

Sein Kollege von der Partei Linke Mute Movassat forderte, die Evakuierung der Deutschen aus Afghanistan solle heute fortgesetzt werden, weil „morgen dafür möglicherweise zu spät ist“.

In Berlin sind kritische Stimmen und die Zustimmung der Parteien zu hören, die seit jeher gegen diese Mission waren. Der linke Verteidigungspolitiker Alexander Neu stellte fest, dass andere Länder ihre Botschaften in Kabul komplett schließen und erinnerte an die Niederlage Amerikas in Vietnam: „Was ich meine, ist nicht die Szene der Roten Armee von 1989, sondern die Szene von Saigon.“

AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen schrieb in einem parteiinternen Schreiben, die Argumente gegen den Bundeswehr-Einsatz und Forderungen nach Demokratisierung anderer Länder seien nun „fest“ bestätigt worden. Wie er betonte, wird die Rettung der Deutschen aus großer Gefahr immer und überall unterstützt.

Innenminister Horst Seehofer von der CSU betrachtete vor den aktuellen Ereignissen in Afghanistan den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan als gescheitert. „Heute müssen wir leider sagen, dass wir gescheitert sind, was ich auch sehr schmerzlich empfinde“, sagte er der Augsburger Allgemeinen Zeitung am Montag (16. August 2021) in einem Interview. Die Entscheidung von 2001, deutsche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, hält sie jedoch für richtig. „In der Außenpolitik sind wir trotz bester Absichten und Beweggründe manchmal mit Entwicklungen konfrontiert, die zum Scheitern führen“, fügte er hinzu.

Unterdessen haben die Berliner Landesbehörden angesichts des wachsenden Zustroms afghanischer Flüchtlinge nach Deutschland ihre Bereitschaft angekündigt, diejenigen aufzunehmen, die sich für die Entwicklung der Demokratie in diesem Land einsetzen.

(DPA, AFP/Jak)

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Baldric Schreiber

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