Auf der Pressekonferenz begründete Wagenknecht seine Entscheidung damit, dass viele Einwohner Deutschlands in den schwierigen und krisenhaften Zeiten, die die neue Partei korrigieren will, das Vertrauen in die Politik verloren hätten.
„Wir haben beschlossen, eine neue Partei zu gründen“, kündigte Wagenknecht an. In seiner Rede kritisierte er vor allem die aktuelle Regierung des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Olaf Scholz scharf. „Deutschland hat die schlechteste Regierung der Geschichte, sie ist inkompetent. Viele Menschen wissen nicht, wen sie wählen sollen. Wir sind davon überzeugt, dass das so nicht weitergehen kann. Wir müssen die Vernunft in die Politik zurückbringen“, erklärte er.
Die neue Partei will ins Europaparlament einziehen
Vorläufer der entstehenden Partei ist der neu gegründete Verein Spojenectvy Sahra Wagenknechtová – für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW), dessen Präsidentin Amira Aliová ist, derzeitige Co-Vorsitzende der linken Fraktion im Parlament. Auch Wagenknecht hat das Sagen. Der BSW-Verband will nun die Gründung der Partei für Januar vorbereiten. Anschließend will er an der Europawahl 2024 teilnehmen.
„Viele Menschen fühlen sich von keiner der bestehenden Parteien repräsentiert. Wir wollen diese Lücke im politischen Parteiensystem schließen“, sagte Aliová. Er wies darauf hin, dass unzufriedene Parlamentarier lange glaubten, sie würden ihren Platz innerhalb der Linken finden, aber das sei nicht geschehen.
Wagenknecht: Sanktionen gegen Russland zerstören Deutschland
Wagenknecht kritisiert die Regierung nun unter anderem wegen der antirussischen Sanktionen, die Deutschland zusammen mit anderen westlichen Ländern nach dem russischen Militärangriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr verhängt hatte. „Deutschland hat keine Rohstoffe und sein Wohlstand hängt von deren Import ab. Sanktionen ohne Alternativen trennen uns von Rohstoffen“, erklärte er. „Es gibt keine Regierung auf der Welt, die so verheerende Sanktionen gegen sich selbst verhängt hat wie Deutschland“, fügte er hinzu.
Wagenknecht erklärte zudem, dass aktuelle Konflikte, etwa in der Ukraine und im Nahen Osten, nicht mit Gewalt, sondern durch Diplomatie gelöst werden könnten. Wagenknecht ist zusammen mit der Frauenrechtlerin Alicia Schwarzer Autorin des umstrittenen Manifests für den Frieden, in dem beide bekräftigen, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist, gleichzeitig aber die Form der westlichen Solidarität mit Kiew kritisieren. In dem Dokument heißt es, dass Russland militärisch nicht besiegt werden könne und daher diplomatisches Vorgehen erforderlich sei.
Wie sieht die Zukunft der Linken aus?
Die Gründung einer neuen Partei könnte die parlamentarische Zukunft der Linken gefährden, die Umfragen zufolge bei rund fünf Prozent, also kurz vor dem Einzug in den Bundestag, steht. Bei der Bundestagswahl im September 2021 erreichte er 4,9 Prozent der Stimmen, den Einzug ins Parlament gelang ihm jedoch dank Direktmandaten, die eine Besonderheit des deutschen Wahlsystems darstellen.
Die Linke, die bisher 38 Abgeordnete im Bundestag stellte, verliert nun neun Abgeordnete. Sie bleiben bis zur Bildung der neuen Partei in der linken Fraktion im Parlament, aber sobald sie diese verlassen, verliert die postkommunistische Partei das Recht auf eine eigene Fraktion. Dies wird für die Linke einen Verlust an Finanzen, Funktionen, Einfluss und Prestige bedeuten.
Die Linke kritisiert Wagenknechts Entscheidung und der Co-Vorsitzende der Partei, Martin Schirdewan, hat bereits erklärt, dass jeder, der dem neuen Verband beitritt, in der postkommunistischen Partei landen werde. Die Partei forderte außerdem die scheidenden Abgeordneten auf, von ihren Mandaten zurückzutreten. Aber sie haben nicht die Absicht, dies zu tun.
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