MACHÁČEK: Ende der geopolitischen Feiertage. Deutschland muss die Komfortzone verlassen Ansichten

Deutsche Spannungen mit den USA wegen der Nord Stream 2-Pipeline, Diskussionen über die Rolle des chinesischen Unternehmens Huawei beim Aufbau von 5G-Netzen und ein EU-Investitionsabkommen mit China. Laut Ulrich Speck, Analyst beim German Marshall Fund, sind die drei aufgeführten Fälle ein Symptom einer höheren Pathologie. Nach dem Ende des Kalten Krieges kam die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik zum Erliegen.

Deutschland verließ sich nicht nur in Bezug auf Sicherheit, Verteidigung und Geostrategie auf die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig war es wirtschaftlich mit Russland und China verbunden. All dies bildet seit dreißig Jahren die Basis für ein erfolgreiches Deutschland.

Deutschland ist mehr denn je Handels- und Exportweltmeister geworden. Gleichzeitig ist es ihm – und das nicht ohne Kontext – gelungen, Krisen und Konflikte zu vermeiden. Deutschland scheint sich an die Zeit nach dem Kalten Krieg angepasst zu haben: Es betonte seine besonderen wirtschaftlichen Vorteile, seine Vielseitigkeit und seine Zusammenarbeit zum Wohle aller.

Russland und China werden angegriffen

Geschäftsinteressen stimmen gut mit politischen Interessen überein. Handel und Investitionen in Ländern wie Russland und China können als Unterstützung der Globalisierung angesehen werden. Sie sind Teil der Idee einer „flachen Welt“, in der Grenzen fast verschwinden, autokratische Regime liberalisiert und Konflikte durch Kooperation ersetzt werden. Deutschland scheint heute jedoch kein Vorkämpfer der Globalisierung zu sein, sondern eine egoistische Insel, die die Sicherheitsinteressen ihrer Partner ignoriert und nur ihre eigenen Interessen verfolgt.

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Deutschland hat sich in den 16 Jahren Merkels nicht so sehr verändert. Der Kurs blieb gleich, aber die Umgebung änderte sich. Das Paradigma der Globalisierung mit einem von Amerika garantierten liberalen Umfeld ist durch ein Umfeld des Wettbewerbs und Konflikts ersetzt worden, mit der Rückkehr der militärischen und wirtschaftlichen Spannungen als zentraler Dimension der internationalen Beziehungen.

Dies geschah nicht, weil die amerikanischen Falken es wollten. Die herrschende Klasse in Russland und China bekennt sich schon seit einiger Zeit zum Liberalismus, allerdings nur mit bloßem Auge. Die Öffnung des Westens diente nicht der politischen Modernisierung und dem Übergang zur Marktwirtschaft, sondern nur zur Stärkung seiner Macht. Russland und China setzen wiederentdeckte Gewalt ein, um in die Offensive zu gehen. Russland will seine Nachbarschaft mit militärischer Gewalt dominieren und seinen Einfluss im Nahen Osten und in Nordafrika stärken. Darüber hinaus nutzt sie hybride Instrumente, um Europa und Amerika zu schwächen.

Auch in diesem Bereich trainiert China Muskeln. Vor allem aber will er mit wirtschaftlicher und technologischer Gewalt die Regeln der internationalen Ordnung gewissermaßen neu schreiben. China ist überzeugt, dass der Westen im Niedergang begriffen ist. Beide Länder haben einen systematischen Wettbewerb mit dem Westen begonnen: Die Demokratisierung ist für beide eine klare Bedrohung. Russland und China sind keine Verbündeten, aber sie haben ein Ziel: Niemand kann autokratische Regierungen bedrohen.

Amerikas neue starke Sprache – zuerst Trump und jetzt Baiden – ist nur eine Reaktion. Die Vereinigten Staaten haben bereits verstanden, dass Russland und China den Weg der Liberalisierung nicht einschlagen werden. Deutschland muss in dieser Situation seine Komfortzone verlassen und sich mit Spannungen und Konfrontationen auseinandersetzen.

Anstatt sich in Richtung globaler Harmonie zu bewegen, bewegt sich die Welt in Richtung Konflikt. Macht und Geopolitik sind zurückgekehrt. Die deutsche Verwirrung beginnt, Freunde zu ärgern: Sie wollen wissen, wo Deutschland ist. Frankreich will wissen, ob Deutschland die strategische Souveränität der EU will. Die USA wollen wissen, ob Deutschland dem strategischen Wettbewerb mit China beitritt. Und Moskau und Peking sehen Berlin als eine Art Brücke nach Eurasien.

Hauptland

Deutschland kommt im neuen globalen Wettbewerb eine Schlüsselrolle zu, denn es spielt eine Schlüsselrolle in Europa. Wo sich die EU nicht auf eine klare Position einigen kann, balanciert Deutschland. Die EU bringt den globalen Wettbewerb neu ins Gleichgewicht. Da die EU enger mit Amerika zusammenarbeitet, wird die globale Koalition der Demokratien die Weltordnung bestimmen. China und Russland werden sich anpassen müssen. Bleibt die EU neutral, wird die Position der USA gegenüber China deutlich schwächer ausfallen. Wenn die EU Partei wird, werden China und die USA viel schärfer sein.

Wird die nächste deutsche Kanzlerin erkennen, dass das goldene Zeitalter des Wohlstands unter dem Dach der amerikanischen Sicherheitsgarantien vorbei ist? Wird Deutschland lernen, eine geopolitische Rolle zu spielen und für eine freiheitliche Weltordnung zu sorgen?

Deutschland könnte den Kopf in den Sand stecken und warten, bis der Sturm vorüberzieht. Aber es geht gar nicht mehr. Geopolitik und Macht sind nicht nur auf die globale Bühne, sondern auch nach Europa zurückgekehrt.

Großbritannien ist auf dem Weg, Frankreich muss eine aktive Rolle mit den Ländern Südeuropas spielen. Polen investiert in Verteidigung und entwickelt mit US-Unterstützung regionale Projekte wie die Trinity Initiative. Auch die Türkei ist in der gesamten Region aktiver.

Es gehörte zu Merkels Ära, zu erraten, was Deutschland dachte. Weitere „Verschwendung“ wird jedoch zu Auseinandersetzungen mit Freunden und Verbündeten führen und letztendlich zu der liberalen Wirtschaftsordnung führen, auf die Deutschland hauptsächlich angewiesen ist.

Die geopolitischen Feiertage sind vorbei und Deutschland braucht eine mutige neue Vision.

Debatte von Jan Machachek

Der Autor ist ein Angestellter von LN, Vorstandsvorsitzender von IPPS.

Baldric Schreiber

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