Deutsche Rentner sind reich. Dieser im tschechischen Becken oft traditionelle Mythos muss ans Licht gebracht werden. Manche sind sicherlich reich, aber nicht dank staatlicher Renten. Für ein durchschnittliches monatliches Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung kauft ein älterer Mensch in Deutschland nicht viel mehr ein als seine Altersgenossen in der Tschechischen Republik. Diese deutsche Rente liegt in diesem Jahr bei rund 1000 Euro brutto. Das letzte Wort des vorherigen Satzes ist entscheidend. Die Deutschen zahlen Krankenversicherungsbeiträge (7,3%), Sozialversicherungsbeiträge (3,05%) der gezahlten Renten, der Rest über dem monatlichen Betrag von 754 Euro ist weiterhin einkommensteuerpflichtig.
Die lange Einführung in die deutsche Steuerreform war eine Brücke zu ihrer tschechischen Parallele. Auch die von den Steuerzahlern gezahlten lokalen Sozialversicherungsbeiträge gingen bis letztes Jahr in die Bemessungsgrundlage ein und sind von diesem Jahr befreit. Aber damit endet die Parallele. Man könnte sagen, die Reform, die die Deutschen 35 Jahre lang geplant hatten, wurde von unserem Gesetzgeber im Zuge der Abschaffung des Superbruttolohns mit einem großen Knall abgelehnt, aber nur zur Hälfte. Die zweite Hälfte, nicht realisiert, ist die Besteuerung von Renten.
Nicht nur in der innenpolitischen Szene gibt es diametral gegensätzliche Ansichten zu Form und Höhe der Steuern. Allerdings muss über mindestens drei der Prinzipien, die elementare Steuergerechtigkeit definieren, ein breiter Konsens bestehen. Zunächst sind alle regelmäßigen Einkünfte steuerpflichtig. Zweitens wird das Einkommen nur einmal besteuert. Und drittens unterliegt das Einkommen einer Person nur einem bestimmten Betrag. Wie stehen die tschechischen Renten in diesem Zusammenhang? Nun, mit dem ersten Grundsatz sind sie eindeutig nicht einverstanden, woraus sich neben den undichten Staatskassen ergibt, dass es eine klare steuerliche Ungerechtigkeit zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Rentnern gibt.
Über die Notwendigkeit höherer Steuern im Wahljahr zu schreiben, ist ein undankbares Thema, aber ich habe den Vorteil, dass ich an keine politische Instanz gebunden bin. Nach den Wahlen muss ohnehin ein großes Loch im Staatshaushalt ans Licht kommen. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass es (nur) durch Reduzierung der Ausgaben zu füllen ist. Wenn wir also nicht zu den Sozialabgaben zurückkehren, müssen wir uns der Rente nähern. In meinem Kopf höre ich eine Reihe berechtigter Einwände, dass wir nicht zulassen können, dass arme tschechische Rentner noch ärmer werden. Es können jedoch mehrere kompensatorische Maßnahmen getroffen werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Es ist möglich, den Betrag des nicht steuerpflichtigen Minimums, eine außerordentliche Bewertung oder eine zeitliche Verteilung auszugleichen. Leider wurde der Weg zurück zum Gleichgewicht der öffentlichen Finanzen durch die Abschaffung des Superbruttolohns deutlich verkürzt. Es wird wichtig sein, dies zumindest so schnell wie möglich zu tun und dabei die oben genannten Grundsätze der Steuergerechtigkeit zu respektieren.
Auch das deutsche Steuersystem kann eine Anregung sein, die Finanzierung des tschechischen Gesundheitssystems zu stabilisieren, das durch die Pandemie stark angestiegen ist, aber nach dem Wegfall nicht billiger wird. Zudem wären die Einkommensverluste der Krankenkassen aufgrund einer alternden Bevölkerung im deutschen System deutlich geringer. Was das nationale Rentensystem betrifft, wird es durch die beschriebene steuerliche Änderung nicht an sich gerettet. Aber es würde dazu beitragen, die Zukunft einer echten Rentenreform nachhaltig zu gestalten. Das heißt, wenn wir es noch erleben, und nicht eine totale Störung der öffentlichen Finanzen.
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