Wie ist Deutschland auf eine mögliche Eskalation des Krieges vorbereitet?

Auch in Deutschland macht sich die Angst vor einer möglichen Krise durch den Krieg in der Ukraine breit. Viele Menschen fragen sich, ob das Land richtig auf den Kampf vorbereitet ist und was passieren würde, wenn die Invasion sein Territorium erreichen würde.

Müssen Sie sich Sorgen machen? Wie gut ist Deutschland auf die mögliche Möglichkeit des Kampfes gegen den Feind vorbereitet? Wie wird die Bevölkerung vor möglichen Gefahren gewarnt? Wie sieht der Notfallplan für Deutschland aus? Die „Bild“-Zeitung versuchte, Antworten auf diese und andere Fragen von Experten auf diesem Gebiet zu bekommen.

Kommt der Krieg nach Deutschland?

Sicherheitsexperte Professor Michael Wolffsohn betonte, es bestehe kein Grund zur Panik. – Sorgen und Ängste sind verständlich, aber Proportionen müssen gewahrt bleiben. Dieser Krieg ist noch etwas begrenzt. Aus militärischer Sicht wäre Wladimir Putin ein absoluter Verlierer, wenn er der Nato den Krieg erklären würde, sagte er.

Auch der Bundespräsident des Technischen Hilfswerks, Marian Wendt, rief zur Ruhe auf. – Diese Frage ist sehr spekulativ. Unsere Sicherheitsbehörden arbeiten kontinuierlich mit der NATO zusammen, um unser Land bestmöglich zu schützen. Ich selbst fühle mich sehr sicher und muss mir keine Sorgen machen“, sagte er.

Welche Maßnahmen werden im Falle eines Angriffs ergriffen?

Eine Sprecherin des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erklärte, das Bundesamt sei „nicht zuständig für die Einschätzung der Kriegsgefahr im Land“. Andererseits fügte er hinzu, dass „bei erhöhter Spannung und Verteidigungsbedarf eine Reihe von Maßnahmen und Korrekturmaßnahmen geplant sind“. Details verriet sie jedoch nicht. Wendt fügte lediglich hinzu, dass „es für jede Situation unterschiedliche Zeiten gibt und diese nicht öffentlich sind“.

Auf Nachfrage eines „Bild“-Journalisten verwies die Katastrophenschutz-Sprecherin auch auf das 2016 erstellte und seither überarbeitete „Konzept des Bevölkerungsschutzes“. Es dient als „Basisdokument für Katastrophenschutzpläne und -konzepte“. Dazu gehören unter anderem die Aufrechterhaltung von Staats- und Regierungsfunktionen, der Zivilschutz, die Notversorgung der Bevölkerung und die Unterstützung der Streitkräfte. „Beim Bevölkerungsschutz stützt sich die Bundesregierung auf die Katastrophenpläne und Vorsorgemaßnahmen der Länder und Kommunen“, fügte er hinzu.

In der Regel wissen nur Zivilschutz, Sicherheits- und Rettungsdienste, wie die Pläne aussehen. Der Rest der Bevölkerung ist auf das Vorhandensein von Hinweisen angewiesen, die im Notfall genutzt werden können. – Das BBK informiert die Bürgerinnen und Bürger nicht nur mit Warnhinweisen über die Gefahren. Das BBK stellt umfangreiche Informationen und Anleitungen zur Abwehr verschiedener Bedrohungen zur Verfügung. Sie seien auch in Gebärdensprache abrufbar, etwa auf dem YouTube-Kanal des BBK, sagte eine BBK-Sprecherin.

Wie wird die Bevölkerung über die Bedrohung informiert?

Eine BBK-Sprecherin erklärte weiter, die Behörde betreibe „zur Alarmierung der Bevölkerung das modulare Warnsystem MoWaS und die Warnapplikation NINA“. Das System ist bundesweit verfügbar und wird auch von Bundesländern und einzelnen Kommunen genutzt. Doch das Vertrauen der Bevölkerung in die Warnsysteme des Bundes ist seit dem Ausfall des verheerenden Jahrhunderthochwassers im Ahrtal erschüttert. Im Juli 2021 gab es kaum Warnungen vor einer bevorstehenden Katastrophe, nicht einmal im Radio oder Fernsehen.

Infolge der tragischen Überschwemmungen kamen mehr als 150 Menschen ums Leben und Hunderte wurden verletzt. Bis heute ist jedoch ein materieller Schaden sichtbar, der auf Hunderte Millionen Euro geschätzt wird. Bund und Länder versprachen damals, dass die ausgesprochenen Warnungen künftig effektiver sein würden.

Je nach Art der Krise sind die Länder oder der Bund für die Ausgabe von Warnungen zuständig. Während die Bundesländer für die Warnung bei allgemeinen Katastrophen und Notfällen zuständig seien, sei der Bund für die Warnung vor konkreten Bedrohungen der Verteidigung zuständig, sagte eine BBK-Sprecherin.

Wie sollte man sich im Notfall verhalten?

Sicherheitspolitischer Berater und Reservist Jan-Christoph Hesselbarth von Wachs, Hesselbarth & Co Strategy Advisors stellte seine Position zum Krieg in der Ukraine vor. – Es sieht nicht nach einem Notfall aus. Putin hat es immer vermieden, ein Bündnis mit der NATO zu schließen oder ein EU-Mitglied anzugreifen. Er kann auch keinen Atomkrieg wollen. Außerdem würde ein heißer Krieg zum militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch Russlands führen. Die Eliten, die Putin wahrscheinlich heute noch unterstützen, werden ihm nicht folgen. Schließlich liege man in Miami besser in der Sonne als in Sotschi, sagte er.

Wendt sprach auch darüber, wie man sich auf den Ernstfall vorbereiten kann. – Als Grundregel gilt, dass Haushaltsvorräte immer 14 Tage im Voraus verfügbar sein sollten. Kurzfristig könne es immer wieder zu Versorgungsschwierigkeiten kommen, die beispielsweise durch Naturereignisse, Stromausfall oder Quarantäne während einer Pandemie bedingt sein könnten, empfahl er.

Wo ist es sicherer: in der Stadt oder auf dem Land?

Auch das Thema Standort und Sicherheit erläuterte Marian Wendt. – Es ist überall in Deutschland sicher. Dies wird durch Sicherheitsbehörden und Zivilschutzsysteme gewährleistet. Bereit stehen unter anderem 1,8 Millionen Freiwillige von Feuerwehr, THW, weißen Hilfsdiensten wie DRC, Johanniter und Malteser“, sagte er.

Jan-Christoph Hesselbarth empfahl einen etwas breiteren Blick. – Es ist wichtig, den vergangenen und gegenwärtigen Krieg in der Ukraine zu betrachten. Die Unterscheidung zwischen Land und Stadt ist schwer zu quantifizieren. Jetzt können wir sehen, dass einerseits die Objekte der russischen Militärintervention militärische Einrichtungen sind, von denen sich die meisten in ländlicheren Gebieten befinden. Auf der anderen Seite gibt es die Regierung und wichtige Regierungsbeamte, die hauptsächlich in den Ballungsräumen sind. Meiner Meinung nach bieten die NATO und die EU selbst die größte Sicherheit“, gab er zu.

Laut Experten des Zivilschutzamtes gibt es bundesweit rund 620 öffentliche Notunterkünfte, in denen Menschen im Falle eines Angriffs Schutz finden können. Viele von ihnen werden multifunktionale Einrichtungen genannt, wie Tiefgaragen und U-Bahn-Stationen. Sie wurden während des Kalten Krieges gebaut und befinden sich meist in den ehemaligen Bundesländern. Ob diese 620 Bunker für 80 Millionen Deutsche ausreichen, darf allerdings bezweifelt werden.

Wie können Sie in Zeiten der Gefahr für sich und Ihre Lieben sorgen?

Thomas de Maizière, ehemaliger Bundesinnenminister, sagte 2016, dass „die Bevölkerung ermutigt wird, eine individuelle Lebensmittelversorgung für 10 Tage aufrechtzuerhalten“. Sein Ministerium hat das „Zivilschutzkonzept“ entwickelt, bevor in Europa von Krieg die Rede war. In dem fast 70-seitigen Bericht heißt es unter anderem, dass „ein Angriff auf deutsches Hoheitsgebiet, der eine konventionelle Landesverteidigung erfordert, unwahrscheinlich ist“.

Der Inhalt des Dokuments enthält jedoch Empfehlungen, wie Sie auf sich und Ihre Lieben aufpassen sollten, um mit den schlimmsten Situationen fertig zu werden. Es wurde angegeben, dass Essen und Trinken für 10 Tage bereitgestellt werden sollten, 2 Liter Flüssigkeit pro Person und Tag zu sich nehmen und 2200 Kalorien zu sich nehmen und vorsichtig mit Haustieren umgehen sollten.

Muss ich Jodtabletten bekommen?

Davon raten der Apothekerverband und das Bundesamt für Strahlenschutz ab. „Viele Apotheken teilen uns mit, dass Kunden nach der Aufbewahrung von Jodtabletten fragen“, sagt Ursula Sellerberg, Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Er nannte Deutschlands Jodspeicher zum Schutz vor angeblicher Kontamination durch ein ukrainisches Atomkraftwerk „beängstigend“.

Auch im Notfall sollten Jodtabletten nicht vorbeugend eingenommen werden, sondern nur auf Anordnung der Zivilschutzbehörde.

Wie erzählt man Kindern vom Krieg?

In diesem Sinne wurden die empfohlenen Schritte nochmals von Marian Wendt erläutert. – Eltern sollten ruhig und offen mit ihren Kindern sprechen. So können Sie zum Beispiel gemeinsam altersgerechte Kindernachrichten anschauen. In vielen Schulen sprechen Lehrer und Erzieher bereits mit Kindern über die Situation und erzählen ihnen vom Krieg“, sagte er.

Auch Hesselbarth sprach zu diesem Thema. – Das ist natürlich eine schwierige Angelegenheit. Ich habe keine Kinder, aber ich habe drei Nichten. Meine Schwester hat mir erzählt, dass die drei sehr unterschiedlich auf die Situation reagieren. Ich bin davon überzeugt, dass die Fragen von Kindern immer ehrlich beantwortet werden sollten. Das haben meine Eltern mit mir gemacht. Denn eines sollte uns allen klar sein: Kinder hören alles mit. Es wäre ein Fehler, nicht darüber zu sprechen“, kommentierte er.

Quelle: bild.de / Foto: depositphotos.com, Urheber: Olgatschik

Helene Ebner

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