Obdachlose, die auf der Straße schlafen, Mütter, die Mahlzeiten ausfallen lassen, um ihre Kinder zu ernähren, Rentner, die auf Mülldeponien nach Pfandflaschen suchen: nichts Ungewöhnliches in Deutschland. Obwohl es eines der reichsten Länder der Welt ist, leben 13,8 Millionen Menschen in Armut oder sind von Armut bedroht. Das ist das Ergebnis des Armuts- und Reichtumsberichts 2022 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, in dem Träger der Wohlfahrtspflege zusammengeschlossen sind.
Das heißt aber nicht, dass die Menschen in Deutschland im Winter verhungern oder erfrieren müssen, weil sie keine Hilfe bekommen. In den Sozialwissenschaften wird zwischen absoluter Armut, wenn Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigen können, und relativer Armut unterschieden.
Armut: Eine Frage der Definition
Während viele Menschen in den ärmsten Ländern der Welt in absoluter Armut leben, leiden die Menschen in Europa im Allgemeinen unter relativer Armut. Sie müssen mit erheblichen materiellen Einschränkungen leben. Meistens kommen sie damit über die Runden und verzichten auf viele Dinge, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind.
Als armutsgefährdet oder arm gilt in der Europäischen Union, wer über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens des jeweiligen Landes verfügt. Wer weniger als 50 Prozent hat, gilt als sehr arm. Für Deutschland bedeutet dies, dass Alleinstehende mit weniger als 1.148 Euro im Monat arm sind. Für Alleinerziehende mit Kleinkind. Dieser Betrag beträgt 1492 Euro und für ein Paar mit zwei kleinen Kindern 2410 Euro. Diese Zahl basiert auf dem Betrag, der nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie staatlichen Leistungen übrig bleibt.
Wie viel Geld braucht man zum Leben in Deutschland?
Deutschland versteht sich als Wohlfahrtsstaat. Wer keine Arbeit findet oder nicht arbeiten kann, erhält finanzielle Hilfen als Grundsicherung, auch Hartz IV genannt. Im Jahr 2020 lebten rund 5,3 Millionen Menschen in Deutschland ganz oder teilweise von Hartz IV.
Soziale Hilfswerke kritisieren oft, dass Grundsicherung nicht vor Armut schützt. Aus diesem Grund plant die Bundesregierung ab 2023 eine Anhebung der Regelsätze auf 502 Euro im Monat, was laut Soziologe und Armutsforscher Christoph Butterwež aber nicht ausreichen wird. Um „in Würde“ zu leben und sich zum Beispiel gesund ernähren zu können, braucht man seiner Meinung nach mindestens 650 Euro im Monat.
Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes leben 1,5 Millionen Kinder von der Grundsicherung „Hartz IV“.
Armut ist auch bei älteren Menschen ein wachsendes Problem. Die Rente ist zu niedrig, auch nach jahrzehntelanger Zugehörigkeit. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass im Jahr 2036 etwa 20 Prozent der Rentner von Altersarmut betroffen sein könnten. Zwar können Menschen mit besonders niedriger Rente Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung haben, aber auch Menschen mit schlecht bezahlten Jobs. Viele vermeiden es jedoch, ihre Not einzugestehen. Studien zeigen, dass zwei Drittel der Stipendiaten Stipendien aus Scham ablehnen.
Auch in Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die trotz Vollzeitbeschäftigung nicht über die Runden kommen. Der Mindestlohn wurde auf 12 Euro pro Stunde erhöht. Für Alleinstehende ohne Kinder, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, liegt das Nettogehalt bei rund 1480 Euro. Obwohl sie nominell über der Armutsgrenze liegen, werden ihre Löhne von der Inflation praktisch aufgezehrt.
(min/cps)
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