Für manche hat Ramstein so etwas wie ein US-Taschenformat. Für andere ist es das Zentrum des globalen Drohnenkriegs dieses Landes. Seit Jahren wird die Existenz des Militärstützpunktes Ramstein in Deutschland kritisiert. Am 26. April lud US-Verteidigungsminister Lloyd Austin NATO-Vertreter in die US-Militärbasis ein, um unter anderem über Waffenlieferungen an die Ukraine zu sprechen. Aber was gibt es über Rammstein zu wissen?
Seit Ende des Zweiten Weltkriegs prägen amerikanische Truppen das Stadtbild in verschiedenen Teilen Deutschlands. Ramstein ist zwar nur einer von mehr als 20 US-Militärstützpunkten in Deutschland, gilt aber als wichtigster europäischer Stützpunkt für die Luftbrücke der US-Streitkräfte. Auch die Streitkräfte anderer Staaten sind in Deutschland stationiert.
Der griechische Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos trifft am 26. April auf dem Militärstützpunkt Ramstein ein
Während des Zweiten Weltkriegs nutzte die nationalsozialistische deutsche Luftwaffe die Autobahnstrecke zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern für Notlandungen. Am Ende des Krieges besetzten US-Truppen einen provisorischen Flugplatz in der Nähe von Frankreich und verwandelten ihn ab 1951 in einen Militärstützpunkt. Seit 1954 regelt ein internationales Abkommen den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland.
Vereinigte Staaten von Amerika auf europäischem Boden
Als Verkehrsflughafen dient die Ramstein Air Force Base heute als Logistikdrehscheibe für die US-Streitkräfte. Bei der Evakuierung aus Afghanistan im Sommer 2021 wurden zunächst rund 7.000 Menschen nach Ramstein verlegt. Neben dem Flugplatz beherbergt die Basis die Hauptquartiere der US Air Force in Europa und Afrika sowie weitere Koordinationsbüros.
Die im Südwesten Deutschlands gelegene Militärbasis erstreckt sich über eine Fläche von 14 Quadratkilometern und beschäftigt mehr als 9.000 US-Soldaten. Die Region beherbergt auch andere Kasernen, Munitionsdepots und medizinische Einrichtungen, darunter das Landstuhl Regional Medical Center, das größte Krankenhaus der US-Armee außerhalb der Vereinigten Staaten.
Dieses Gebiet bildet somit die „Wehrgemeinde Kaiserslautern“. Dort leben nach Angaben der USA etwa 53.000 Amerikaner, die praktisch genauso leben können wie die USA: mit ihren Einkaufszentren, Instituten und Bowlingbahnen. Daher ist die Gemeinde als größter Arbeitgeber der Region auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und trägt maßgeblich zum lokalen Wirtschaftswachstum bei.
In den letzten Jahren gab es in Deutschland eine Debatte über den rechtlichen Status von Ramstein. Denn im Gegensatz zu Botschaften gilt eine Basis nicht als Offshore-Bereich. Daher gilt dort eigentlich deutsches Recht.
Allerdings genießt das US-Militär eine gewisse Immunität: Deutsche Behörden dürfen den Stützpunkt nur mit Genehmigung betreten, und die USA selbst üben dort die Strafgerichtsbarkeit über Verbrechen aus.
In den letzten Jahren haben deutsche Behörden mehr Transparenz über das Geschehen in Ramstein gefordert. Bereits 2005 untersuchte die Staatsanwaltschaft Zweibrücken im Zuständigkeitsbereich Ramstein den Fall, in dem die CIA Imam Abu Omar in Mailand entführt und über einen deutschen Militärstützpunkt in ein Foltergefängnis nach Ägypten transportiert hatte.
Opfer fordern Deutschland auf, „die Achtung des Völkerrechts zu gewährleisten“
Seit 2013 berichten einige Medien in Deutschland ausführlich über die Rolle der Air Base Ramstein im weltweiten Drohnenkrieg der USA. Zwischen 2004 und 2020 wurden laut dem in London ansässigen Bureau of Investigative Journalism bei mehr als 14.000 US-Drohnenangriffen zwischen 910 und 2.200 Zivilisten getötet. Das US-Militär setzt Drohnen ein, um Ziele im Irak, in Afghanistan, im Jemen, in Pakistan und in Somalia anzugreifen.
Der frühere amerikanische Drohnenpilot Brandon Bryant sagte vor dem Deutschen Bundestag, Ramstein sei „die zentrale Relaisstation für Vernichtungsmissionen“. Drohnen, die das Einsatzgebiet überfliegen, kommunizieren per Satellit mit einer Basis in Deutschland. Das Signal wird verstärkt und über Glasfaserkabel in die USA gesendet. Von Endpunkten in den USA aus werden Ziele markiert und Raketen von Drohnen abgefeuert.
2016 räumte die US-Regierung ein, dass Ramstein nicht nur für die Datenübertragung genutzt wurde. Militärische und nachrichtendienstliche Mitarbeiter von einem Stützpunkt in Deutschland helfen auch bei der Planung, Überwachung und Auswertung von Operationen.
2014 reichten Überlebende eines Drohnenangriffs im Jemen Klage gegen die Bundesregierung ein. Sie fordern, dass die Bundesrepublik sicherstellt, dass deutsches Hoheitsgebiet nicht für völkerrechtswidrige Angriffe genutzt wird. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Klage 2019 abgewiesen hatte, legten die Kläger 2021 Revision beim Bundesverfassungsgericht, Deutschlands höchstem Gericht, ein.
(neu/cp)
„Dezent charmanter Speck-Experte. Typischer TV-Vorreiter. Leidenschaftlicher Zombie-Liebhaber. Extrem introvertiert. Web-Praktiker. Internetaholic.“