Die deutschen Sozialdemokraten im Erdgeschoss der Bundeszentrale in Berlin waren heiß. „Olaf, Olaf“, skandierten kurz nach sieben Uhr mehrere Dutzend Mitglieder einer der beiden größten deutschen Parteien. Im grellen Scheinwerferlicht der Fernsehteams stand ihr Held auf dem Podium: Olaf Scholz, der Wahlchef und Bundesfinanzminister.
Von unserem Berichterstatter in Berlin – Der höchste sozialistische Politiker handelte mit absoluter Souveränität. Während sein größter Rivale, der konservative Kandidat Armin Lašch, die ersten Sätze der Rede des Abends nostalgisch dem Schlusskanzler widmete. Angela MerkelUm ihr für ihre Arbeit für das Land zu danken, begann Scholz sofort mit der Auswertung der Abstimmungsergebnisse.
„Es ist ein Erfolg. Und es ist klar, dass viele (Wähler) für die SPD gestimmt haben, weil sie wollen, dass der nächste deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz heißt“, sagte er. In der gesamten Bundesrepublik fanden am Sonntag Wahlen statt.
Ob Scholz‘ Interpretation der Ergebnisse Realität wird, ist er noch offen. Die Wahlen in Deutschland verliefen äußerst ausgewogen. Die von Lashett geführte CDU hat zusammen mit ihrer bayerischen Schwester-CSU 24,1 Prozent der Stimmen und liegt damit auf einem historischen Tiefstand. Aber selbst Scholz ist mit 25,7% noch lange nicht die stärkste Partei, die die Partei je erhalten hat. Und beide Männer kandidieren für Angela Merkel.
Das offizielle Ergebnis der Bundestagswahl ist noch vorläufig, aber es ist geschafft. Dank Direktmandaten werden die Warteschlangen 4 Prozent erreichen. AfD im Osten an erster Stelle – Sachsen, Thüringen, CDU/CSU zumindest. SSW feiert in 60 Jahren seine Rückkehr. Es ist eine Partei der dänischen und friesischen Minderheiten, 5% werden nicht benötigt. pic.twitter.com/EUttCiBcWv
– Helena Tručla (@helena_truchla) 27. September 2021
Dennoch war die Nacht zum Sonntag eine große Genugtuung für die Partei, deren Symbol der knallrote und Wahlchef Olaf ist. „Dies ist das beste Ergebnis der Sozialdemokraten seit 2005. Ihre Hoffnungen auf die Ergebnisse der Wahlumfragen haben sich sogar am oberen Limit erfüllt“, sagte Jakub Eberle, Analyst am Prager Institut für Internationale Angelegenheiten, gegenüber Aktuálně.cz .
Scholz, 63, wäre nach Willy Brand, der die Parteizentrale in Berlin hat, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder der vierte sozialdemokratische Nachkriegskanzler. Es gelang ihm, seine SPD nach Jahren in einer Koalitionsregierung mit der einflussreichen Bundeskanzlerin Merkel (CDU) an die erste Stelle zu setzen. Im Schatten dessen verloren die Sozialdemokraten an Rückhalt, sodass der Sieg am Sonntag für lange Zeit eine unvorstellbare Chance war.
„Wenn sie keine Kanzler haben, liegt das nicht an ihrer Schwäche, sondern daran, wie die Karten am Ende ausgeteilt wurden“, sagte Eberle.
Sholc, der ehemalige Hamburger Oberbürgermeister und Finanzminister im Amt von Angela Merkel, konnte ganz am Ende des Wahlkampfs eine entscheidende Wählerzahl überzeugen. Seine Partei wurde im Juli Dritter. Laut einer Analyse von Infratest Diman sind seit der letzten Wahl 2017 mehr als 1,3 Millionen Wähler von Christen zu Sozialdemokraten gewechselt. Weitere 340.000 wählten die FDP, die kleinste liberale Partei, und rund 900.000 Grüne, die sich deutlich stärker auf das Klima konzentrierten. Klima und seine Zukunft waren die wichtigsten Themen der diesjährigen Parlamentswahlen.
Wenn der erste Platz nicht reicht
Die meisten Parteimitglieder, die nach dem Weggang von Olaf Scholz zum Fernsehen auf dem offenen Hof von Willie Brands Haus kostenlose Unterhaltung genossen, freuten sich. „Wir haben im Wahlkampf viel gekämpft, und es hat sich gelohnt“, sagte Hannah Reichhard, Vizepräsidentin des Deutschen Sozialistischen Jugendverbandes. „Die Wähler wollen eine andere Richtung für Deutschland. Die SPD bietet sie ihnen an.“
Andere sind vorsichtiger. „Von den Liberalen der FDP wird viel abhängen“, räumt ein SPD-Mitarbeiter ein, der seinen Namen nicht preisgeben will. Auch die anderen Sozialdemokraten sind zurückhaltend. Sie verstehen, dass sie zwar die Wahl gewonnen, aber noch nicht gewonnen haben.
Um wirklich Einfluss auf die Zukunft der 83 Millionen Bundesrepublik zu nehmen, brauchen sie eine funktionierende Regierung. Und verlässliche Koalitionspartner – nicht einen, wie es traditionell in der deutschen Politik üblich war, sondern gleich zwei.
Höchstwahrscheinlich werden es die eben erwähnten Grünen und Liberalen sein. Die ersten Nominierten hatten zusammen mit Präsidentin Annalene Berbok vor einigen Monaten auf das Kanzleramt gehofft, landeten aber mit 14,8 Prozent auf Platz drei und wurden enttäuscht.
Mit den Liberalen und den Grünen möchten Lasche und seine CDU aber auch eine eigene Regierung bilden. „Die Grünen und Liberalen reden seit der letzten Wahl 2017 fast ununterbrochen. Und alle wollen regieren. Ich finde die Koalition mit der SPD etwas glaubwürdiger“, sagt Jacob Eberle. Wie die erste Nachwahldebatte gezeigt hat, werden die beiden kleineren Parteien nun gemeinsam agieren und dann herausfinden, welche Zugeständnisse sie an die beiden größten Fraktionen machen können. Kompromisse sind gefragt – gerade bei der Besteuerung oder beim Klimaschutz sind die Unterschiede groß.
„Ich kann mir vorstellen, dass die Gespräche über eine neue Regierung bis Ende des Jahres dauern“, sagte ein weiterer SPD-Mitglied von Willie Brandt Haus. Sowohl Scholz als auch Lasche versprechen den Wählern, dass es bis Weihnachten vorbei sein wird. „Es wird schwer“, der alte Baller schüttelt den Kopf und geht zum Essen. Zur Auswahl stehen spezielle Pasta, ähnlich dem tschechischen Zander oder ein klassisches Currybrötchen mit Vollkornbrot.
Nach neun Uhr abends, als die Zahl der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF zunahm und die Sozialdemokraten zunahmen, stieg die Begeisterung in der Parteizentrale. Besonders die jüngsten Teilnehmer der Wahlparty freuten sich und tanzten zu Live-Musik. Die Ältesten standen lieber in kleinen Kreisen beim Bierkrug und diskutierten.
Der Generationenunterschied zeigt sich auch im Wahlergebnis: Nur 11 Prozent der Deutschen unter 25 Jahren wählten CDU/CSU-Konservative, die SPD liegt drei Prozentpunkte besser. Wenn Grüne und Liberale in der neuen Regierung eine starke Stimme haben, bedeutet dies auch eine starke Vertretung jüngerer Alterspräferenzen.
Berliner Ärger
Nach einem sonnigen Sonntag wachte Berlin an einem bewölkten Montag auf. Die deutsche Hauptstadt ist in diesem Jahr bei vielen Wahlen gescheitert. Die riesigen Schlangen, die sich bei den Wahllokalen und kurz vor ihrer ursprünglichen Schließung gebildet haben, haben für viel Kritik gesorgt. Für Ärger sorgte auch der City-Marathon, der am Wochenende den Verkehr in weiten Teilen der Innenstadt lahmlegte.
Gegen sechs Uhr morgens gab das deutsche Wahlamt „vorläufige offizielle Ergebnisse“ bekannt. Die numerischen Details können sich noch ändern, aber in Wirklichkeit ist es das.
Das Team der Sozialdemokraten und Olaf Scholz zeigte sich am Sonntag kurz vor Mitternacht mehr oder weniger ruhig. Wegen der extremen Professionalität, die an Strenge und Langeweile grenzt, wird der SPD-Wahlchef manchmal nach dem Vorbild eines „Spielautomaten“ Scholzomat genannt. Er feierte den Sieg mit mehreren schnellen Schüsseln Bier und entfernte sich vom Personal. Wir haben wochenlange schwierige Verhandlungen mit einem nicht ganz so sicheren Ergebnis.
„Die Stimmung ist eher freudig als euphorisch. Sie haben sich eine deutlichere Dominanz gegenüber CDU und CSU und mehr Koalitionsoptionen erhofft“, sagte Ed Turner, deutscher Politikexperte an der Aston University in Birmingham.
Seiner Meinung nach gab es bei der Wahl ein klares Gefühl, dass Olaf Scholz ein besserer Kanzler sein würde als Armin Lasche. „Die Deutschen mögen es, wenn ihre Kanzler älter, stabiler, vertrauenswürdiger, vielleicht ein wenig gelangweilt aussehen. Ich finde es ein bisschen traurig, dass Angela Merkel die politische Bühne verlässt“, sagte Turner.
Video: Merkel hat keine grundlegende Vision geliefert, sagt Jonas
In Deutschland wird er ganz anders wahrgenommen als in Tschechien, als pragmatischer Politiker, teilweise sogar skrupellos und zu flexibel, so ein tschechischer Fernsehkorrespondent. | Video: Michael Rosipal
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